Turandot – Deutschen Oper Berlin

Lorenzo Fioronis Inszenierung von Turandot an der Deutschen Oper Berlin polarisiert – und das nicht nur durch ihren radikalen Bruch mit traditionellen Interpretationen. Während musikalisch die Produktion durch starke Sängerleistungen und eine intensive Orchesterführung überzeugt, bleibt vor allem der dritte Akt eine umstrittene Angelegenheit.  

Die Entscheidung, Turandots und Calafs Beziehung als Zweckgemeinschaft der Macht darzustellen und die Oper mit einem doppelten Vatermord enden zu lassen, ist eine mutige, aber fragwürdige Umdeutung der ursprünglichen Dramaturgie. In Puccinis Vorlage ist die Entwicklung Turandots – ihre Wandlung von kalter Herrscherin zu einer Frau, die von Liebe berührt wird – das emotionale Herzstück der Oper. In Fioronis Fassung jedoch wird diese Dynamik negiert, stattdessen wird das System der Gewalt nur fortgesetzt. Der Mord an Altoum und Timur durch ihre eigenen Kinder ist nicht nur eine rein Berliner Lesart, sondern widerspricht der inneren Logik der Charaktere und der musikalischen Struktur des Finales.  

Copyright der Aufnahmen ©  Stöss

Musikalisch gibt es wenig zu beanstanden: Samoa Hernández als Turandot überzeugt mit eisigem, durchdringendem Sopran, während Sua Jos Liù eine rührende Klarheit in die Oper bringt. Auch Alfred Kim als Calaf meistert die anspruchsvollen Passagen „Nessun dorma“ und bekommt Szeneneapplaus. Das Orchester unter der Leitung von Alexander Verdernikov gestaltet Puccinis farbenreiche Partitur mit Präzision und Tiefe. 

Copyright der Aufnahmen ©  Stöss

Doch letztlich bleibt ein zwiespältiger Eindruck: Wer eine stringente Interpretation mit gesellschaftspolitischem Kommentar sucht, mag Fioronis Ansatz schätzen. Wer sich jedoch nach einer emotional nachvollziehbaren und musikalisch organischen Umsetzung sehnt, wird mit diesem Turandot-Finale fremdeln.