Herta Müller hat einen kindlichen und magischen Blick auf die Welt. Dieser Blick findet sich in dem Gesprächsbuch Mein Vaterland war ein Apfelkern wieder, in dem Herta Müller ihren Weg zum Schreiben schildert.
Aus Mein Vaterland war ein Apfelkern liest sie eine Passage vor, die ihren mythischen Blick auf die Welt verdeutlicht.
Ich dachte auch, dass alle Atemzüge, die man tut, gezählt werden. Dass sie sich wie Glaskügelchen auf einer Schnur auffädeln und eine Kette bilden. Und wenn die Atemkette eine Länge hat, die vom Mund bis zum Friedhof reicht, dann stirbt man. Weil der Atem unsichtbar ist, kennt kein Mensch die Länge seiner Atemkette.
In einem Gespräch mit Ernest Wicher, dem Leiter des Literaturhauses Berlin, den sie seit ihrer Jugend kennt, erzählt sie, wie sie als Kind die Welt wahrnahm.
Als Kind bewässerten sie den ausgedorrten Friedhof ihres Heimatdorfes und Wasserdampf stieg auf. Sie sah darin die Seelen der Verstorbenen, die darin unterschiedlichste Gestalt annahmen.
Bei den Wortcollagen sieht sie sich selbst als Ausführende, die die Größe der Wörter, die Farben und Länge der Zeilen anordnet. Die Wörter sind schlau und können einen Einfluss ausüben, so ihre Erfahrung mit den Wortcollagen.
Sie entwickelt Vorlieben für bestimmte Begriffe, wie der Kranich oder das Karussell und bezeichnet sich selbst als Besessene und Abhängige in ihrem Schaffen der Wortcollagen:
Ich kann auch nichts mehr lesen ohne auszuschneiden.
Doch in ihrer Arbeit lernt sie ständig dazu und zieht Parallelen zum Leben:
Und wenn die Wörter festgeklebt sind, kann man am Text nichts mehr ändern. Es ist wie im Leben. Etwas ist passiert und es lässt sich nicht mehr ungeschehen machen.
Die Literaturnobelpreisträgerin gesteht bescheiden, dass sie durch ihre Arbeit auch lernt und merkt, dass man ist gar nicht so großartig ist.
Eine zeitlang war in ihrem Schaffen die Farbe Orange bestimmend. Ausgelöst durch einen Satz ihres Freundes, der sagte, wenn ich sterbe wird alles orange. Ihr Freund starb im Herbst und alles wurde gelb-orange. Dieses Beispiel zeigt ihren magischen und kindlichen Blick auf die Welt, den sie selbst als surreal und real zugleich bezeichnet und auch deutlich wird in der folgenden Aussage, der den Blick auf die Welt beschreibt: Wenn man das Schöne sucht, dann trifft man es auch überall.